Flauschige Fellfreunde

Als ich die kurze Auffahrt zum Eingang der „Hügelland Alpakas“ hochgehe, knirscht der Kies unter meinen Füßen. Ein frischer Wind weht und der sonnige Januartag sollte gleich noch besser werden, als mir acht flauschige Alpakas neugierig über den Zaun hinweg entgegenblicken.

von Hannah Frühoff

05. Juni 2025

Journalistische und auftragsorientierte Texte

Erwartungsvoll blicken die Vierbeiner dem sich nähernden Besuch entgegen.

Die kleine Alpakafarm liegt mitten in Hattingen Bredenscheid, umgeben von sanften, grünen Hügeln, unweit der Elfringhauser Schweiz, bloß mit deutlich weniger Touristen. Perfekt für eine Alpakawanderung. Hans Jürgen Feldmann ist Frührentner und führt die Alpakafarm seit vier Jahren als Hobbybetrieb. Bereits vor vielen Jahren habe er von den Tieren gehört und war sogleich interessiert. „Die Faszination für die Tiere hat mich über Jahre nicht mehr losgelassen“, so der 62-Jährige. Mit der Alpakafarm habe er sich einen Lebenstraum erfüllt. 

 

Hans Jürgen Feldmann (62) und seine „Hügelland Alpakas“.

Wie alles begann …

Seit der Gründung 2020 hat sich viel getan. Aus drei Tieren wurden schnell zwölf und alle sind sie nach Langnese Eissorten benannt. Feldmann hat seinen Aufsitzmäher gegen Alpakapflege getauscht und es nicht bereut. Doch nicht nur die Landschaftspflege seines weitläufigen Grundstücks hat ihn von der Anschaffung überzeugt. Immer wieder wird von ihm die beruhigende Wirkung hervorgehoben, die die friedlichen Tiere auf den Menschen haben können.

Aber wie gelangt man überhaupt an so ein Alpaka? Eigentlich wollte Feldmann sich die Alpakas zunächst nur anschauen. „Wie das dann meist so ist: Wenn man sich Tiere anschaut, am Ende hat man sie meist gekauft“, lacht er. Seine Tiere stammen alle aus einer privaten Hobbyzüchtung. Diese legt, im Vergleich zu anderen Züchtern, weniger Wert darauf, so viele Nachkommen wie möglich zu züchten, um Profit zu machen.

Das war auch der Grund, weshalb Feldmann genau diese Tiere wollte – das Tierwohl steht für ihn an erster Stelle.

Die Arbeit mit den Tieren

Während andere unter der Woche morgens ins Büro fahren, prüft Feldmann vor der Morgenrunde mit seinen zwei Hunden die Wasser- und Futterbestände der Alpakas. 

Feldmann beim Auffüllen der Wassertränke.

Abends wird der Stall gereinigt. Ansonsten beschreibt er die Tiere als sehr pflegeleicht. Einmal im Jahr werden sie geschoren, ab und an werden die Schleimhäute überprüft, der Kiefer abgetastet und die Zehennägel gekürzt. Ja, richtig gehört. Denn obwohl sie zu den Paarhufern gehören, handelt es sich bei Alpakas gleichzeitig um sogenannte Schwielensohler. Der Fuß besteht somit aus zwei Zehen mit harten Zehennägeln und einem dazugehörigen weichen Ballen an der Unterseite.

Trotz der überschaubaren Pflege hebt der Inhaber hervor, dass es sich bei Alpakas um exotische Tiere handelt, die man als Mensch erstmal kennenlernen muss, um sie richtig zu verstehen. Er selbst habe bereits Sachkundelehrgänge besucht und einiges an Literatur gelesen.

Des Weiteren sei er Mitglied in einem Verein, in dem sowohl die Uni Gießen als auch Halter und Tierärzte vertreten sind. Übliche Tierärzte, so Feldmann, seien vor allem bei den anatomischen Besonderheiten der Alpakas schnell überfragt. Der Verein bietet Fallbesprechungen und einen telefonischen Notdienst. Bei einem medizinischen Notfall wird das kranke Tier zu einem darauf spezialisierten Tierarzt gefahren und dabei von einem weiteren Tier begleitet. Dies ist vor allem zur Beruhigung wichtig, da Alpakas Herdentiere sind.

Ansonsten besteht der Alltag hauptsächlich aus den angebotenen Alpakaerlebnissen, wie zum Beispiel Alpakawanderungen.

Eine tierisch gute Wanderung

Ob als Geschenk oder Aktivität mit dem Partner oder der Familie, Alpakawanderungen bieten die perfekte Kombination aus Bewegung an der frischen Luft und dem einmaligen Erlebnis, den niedlichen Tieren einmal richtig nah sein zu dürfen. Auch Feldmann begleitet diese Wanderungen mit den „Hügelland-Alpakas“ seit der ersten Stunde. Dazu gehört zunächst eine Einführung, bei denen man etwas über die Tiere und ihr Verhalten lernt. Die Besucher sind regelmäßig überrascht, wenn sie erfahren, dass Alpakas bis zu 1,40 Meter hochspringen können, obwohl ihr Rücken maximal einen Meter hoch ist. 

Anschließend darf sich jeder ein Tier aussuchen – die Kinder natürlich zuerst. Insgesamt dauert die Wanderung zwei Stunden. Nach einer Stunde gibt es einen Zwischenstopp, bei dem die Tiere auf einer Wiese grasen können. „Die brauchen das, um ein Ziel zu haben“, so Feldmann „sonst würden die irgendwann gar nicht mehr mitgehen“. 

Umgeben von grüner Natur einfach mal die Sorgen vergessen und stattdessen die Seele baumeln lassen.

Da der Weg sehr matschig sein kann, wird vor allem festes Schuhwerk empfohlen. Feldmann hebt hervor, dass es ihm bei dem Projekt nicht darum geht, Profit zu generieren. Besonders freue es ihn, den Leuten die Möglichkeit zu geben, den außergewöhnlichen Tieren näher kommen zu können. Er beschreibt, wie das langsame Laufen der Tiere und die Natur dafür sorgen, dass diese entschleunigende Ruhe sich auch auf den Menschen übertragen kann, vorausgesetzt, dass dieser sich darauf einlässt. Alle Tiere haben ihren ganz individuellen Charakter und Eigenheiten. Mini Milk, das jüngste Herdenmitglied, ist zum Beispiel dafür bekannt, regelmäßig zu entwischen, um hinter dem Zaun an frischeres Gras zu gelangen. Das Gras ist ja bekanntlich grüner auf der anderen Seite des Zauns … Um zu erfahren, wie es sich wirklich anfühlt, bei einer Alpakawanderung dabei zu sein, frage ich Mattis Stachowski.

Mattis Stachowski berichtet von seiner persönlichen Erfahrung bei einer Alpakawanderung.

Er selbst hatte mit seinem Bruder gemeinsam die Idee, das Event als besonderes Geburtstagsgeschenk für seine Mutter zu organisieren. „Meine Mutter steht auf die Natur und auf viele Tiere,“ so der 22-jährige „und weil sie Alpakas süß findet, hat es einfach perfekt gepasst.“ Erwartungen habe er kaum gehabt, höchstens mit den Tieren durch schöne Landschaften zu laufen. Allerdings habe er sich zunächst an die Größe der Tiere gewöhnen müssen, da sie aus nächster Nähe gar nicht mehr so klein erschienen wie zunächst angenommen. Erste Bedenken, die Vierbeiner könnten vielleicht spucken, weglaufen oder beißen, lösten sich aber bereits nach demennenlernen mit den Tieren in Luft auf. Zwar sei sein plüschiger Begleiter etwas eigenwillig gewesen und habe es eher vorgezogen zu fressen, statt zu laufen. Trotzdem seien die Tiere sehr lieb, zutraulich und gemütlich gewesen. Besonders die drolligen Gesichter scheinen es ihm angetan zu haben, denn er beschreibt, dass die Alpakas immer so aussahen, als ob sie lächeln würden.

Insgesamt stellt Stachowski den Ausflug als erholsam und abwechslungsreich dar. Auf die Frage, ob es noch andere wichtige Sachen zu beachten gibt, antwortet er nur eines: „Vielleicht keine Sachen anziehen, bei denen du willst, dass sie sauber bleiben und gut riechen.“ Nochmal machen würde Stachowski so einen Ausflug auf jeden Fall. Wer sich einmal in die großen dunklen Augen und die samtige Nase verliebt hat, kommt so schnell nicht mehr davon los. Das und das gutmütige Wesen der Tiere mögen wohl einer der Gründe dafür sein, dass auch viele Kunden Feldmanns bereits Wiederholungstäter sind. 

„Wollt ihr mit aufs Selfie?“— Dolomiti und Calippo posieren für die Kamera.

Nach der ausgiebigen Spazierrunde mit den flauschigen Kameraden gibt es bei ihm die Möglichkeit, auf dem Hof ein Eis zu essen oder verschiedene Alpakaprodukte zu erwerben.

Alpakaprodukte: nachhaltig, sanft und vielfältig 

Feldmann erklärt, dass die Wolle von Freizeittieren in der Qualität variieren kann. Ist die Wolle von guter Qualität, schickt er sie zur Spinnerei und bekommt die fertige Wolle zum Stricken zurück. Die restliche Wolle wird zu Bettdecken verarbeitet. Diese Alpaka-Bettdecken sind vor allem für ihre außergewöhnliche Funktion bekannt, die Körpertemperatur während des Schlafens zu regulieren. Außerdem kann aus der Wolle Seife hergestellt werden. Dafür wird ein geringer Teil der Wolle gelöst und verarbeitet. Das darin enthaltene Kreatin macht die Seife daher besonders pflegend, wodurch sie sich wunderbar für trockene Haut, Ekzeme oder Neurodermitis eignet. Des Weiteren ist es möglich, selbst hergestellte Kerzen in Alpakaform zu erwerben. Diese enthalten zwar nichts von den Tieren selbst, sind aber eine nette Erinnerung an den Tag mit den Alpakas.

Bewegung, Begegnung und Balance mit Alpakas

Neben der klassischen Alpakawanderung bieten die „Hügelland Alpakas“ noch weitere Aktivitäten an.

Die Auffahrt zur Alpakafarm in Hattingen Bredenscheid.

Für Personen, die sich für die Tiere, aber vielleicht eher weniger fürs Wandern interessieren, gibt es zum Beispiel die Option ein „Meet and Greet“ mit den Tieren zu buchen. Dabei kann man eine Stunde mit den Tieren auf der Wiese verbringen, sie füttern, Fotos machen und einiges über sie lernen.

Wer Bewegung mit einer Prise Selbsterfahrung kombinieren will, der kann sich für eine Runde Alpakayoga entscheiden. Da es sich bei den „Hügelland Alpakas“ um einen Familienbetrieb handelt, wird dieser Kurs von Feldmanns Tochter durchgeführt. Sie selbst ist gelernte Yogalehrerin und passt das Niveau bei den Yogakursen so an, dass auch Anfängerinnen und Anfänger mitmachen können. Bei schönem Wetter kann der Kurs draußen im Freien stattfinden, bei Regen wird ein offenes Zelt aufgebaut.

Kaum geht es los, befindet man sich auch schon mittendrin. Während Körper und Geist durch die verschiedenen Übungen in Einklang gebracht werden, ist man umgeben von flauschigen Alpakas. Diese gehen währenddessen ihrem Tagewerk nach: sie grasen. Feldmann erklärt, dass die entspannende Wirkung, die die Tiere auf den Menschen haben, vor allem dadurch entsteht, die Tiere in ihrem friedlichen Dasein zu beobachten. Dies lässt sich auch den Kundenrezensionen entnehmen, die außerdem die lustigen und süßen Momente hervorheben, die während des Yogas durch die Tiere entstanden sind. Alternativ zum Yoga gibt es auch die Option beim „Stretch and Relax“ mitzumachen. Hier steht die Entspannung über dem sportlichen Aspekt, das Prinzip bleibt jedoch ähnlich.

Der Ausblick von der Alpakawiese im Winter lässt erahnen, wie schön grün es erst im Sommer aussehen wird.

Neben den aktiven Angeboten gibt es zusätzlich die Möglichkeit, in einem Zelt auf der Alpakawiese mit anschließendem Frühstück zu übernachten, oder den Hof als Eventlocation im Boho-Stil für beispielsweise Hochzeiten, Firmenevents oder private Feiern zu buchen. Aktionen wie Alpakawanderungen oder -yoga seien außerdem sehr beliebt für Junggesellinnenabschiede.

Herausforderungen und Zukunftspläne

Auch wenn Feldmann sich mit den „Hügelland Alpakas“ einen Traum erfüllt hat, bietet der Berufsalltag, wie in jedem Job, besondere Herausforderungen. Eine davon ist, rechtzeitig zu erkennen, ob eines der zwölf Tiere krank wird. Dafür werden die Tiere kontrolliert, abgetastet und auf Veränderungen überprüft. Auch der Kot muss kontrolliert werden. Feldmann erläutert, dass Alpakas Profis darin sind, ihren schlechten gesundheitlichen Zustand zu überspielen. Darum ist es umso wichtiger, diese Kontrollen regelmäßig durchzuführen.

Auch logistische Anforderungen und der Kontakt mit Kunden können eine Herausforderung sein, denn obwohl es Feldmann seinen Gästen ermöglicht, den Tieren näherzukommen, steht das Wohl der Tiere an erster Stelle. Er erklärt, dass Alpakas Distanztiere sind. Das bedeutet, dass sie zwar untereinander sozialisiert sind, jedoch nicht in Bezug auf den Menschen. „Würde ich jetzt anfangen, die Tiere regelmäßig zu streicheln, würden sie mich irgendwann als Teil ihrer Herde ansehen und mich bei Konflikten auch anspucken,“ so der 62-Jährige. „Auf diese Weise lassen wir sie und sie uns in Ruhe.“ 

Auf diese Distanz wird auch beim Planen der Events Rücksicht genommen. Wenn keine Abweichungstermine für größere Gruppen geplant sind, findet der Publikumsverkehr nur mittwochs und am Wochenende statt. Dies sorgt dafür, dass die Tiere eine Pause von dem Trubel bekommen und sich ähnlich wie in ihrem natürlichen Lebensraum fühlen können.

Das neugierige Alpaka Domino behält alles genau im Blick. 

Für die Zukunft auf den Hof sei erstmal kein weiterer Zuwachs geplant, der Geschäftsführer hat jedoch andere Zukunftspläne in Aussicht. Sein nächstes Ziel sei eine Reise nach Peru. Neben der faszinierenden Kultur ist Peru nämlich auch eines der Herkunftsländer der Vikunjas. Das sind die wildlebenden Vorfahren der Alpakas, sie leben in kleinen sozialen Gruppen, die aus einem Hengst, mehreren Stuten und deren Nachkommen bestehen. In den Anden können sie in einer Höhe von bis zu 5.500 Metern leben. Die Tiere in freier Wildbahn zu beobachten, stellt daher den nächsten Meilenstein des Alpakafans dar. 

Trotz aller Pläne und Herausforderungen steht jedoch eines besonders im Vordergrund: die Verbindung zwischen Mensch und Tier. Während Betreiber einer Alpakafarm sich täglich um das Wohl ihrer Vierbeiner kümmern, genießen Besucher die Ruhe und Entspannung, die die gemeinsame Zeit mit den Tieren mit sich bringt. 

Wohlfühlmoment: zwei Alpakas lassen es sich im Stroh gutgehen.

Ob beim Spazierengehen, beim Yoga oder der alltäglichen Arbeit – mit ihrer Ruhe und sanftmütigen Art erobern die faszinierenden Tiere unsere Herzen im Sturm. Wer einmal Zeit mit den süßen Fellnasen verbracht hat, bekommt neben einer unvergesslichen Erinnerung auch ein Stück Gelassenheit für den Alltag zurück.