Der Mythos des Apfels: Eine Frucht zwischen Sünde und Innovation, Tod und Wiedergeburt

Der Mythos des Apfels zieht sich durch die gesamte menschliche Geschichte und Kultur – von der christlichen Schöpfungsgeschichte, in der Eva in die verbotene Frucht beißt, über den Apfel als Lebensfrucht, die in Schneewittchens Märchen den Tod bringt, bis hin zur symbolischen Bedeutung von Fortschritt und Innovation im Unternehmen Apple. Der französische Semiotiker Roland Barthes sagt: „Der Mythos bestimmt sich nicht durch den Gegenstand seiner Botschaft, sondern durch die Art, wie er sie äußert“ (Barthes 2006). Doch inwiefern zeigen sich die tief verwurzelten Bedeutungen des Apfels auch noch in aktuellen Kontexten, wie z.B. in der Werbesprache? Mit dieser Frage und der mythischen Geschichte des Apfels beschäftigt sich der folgende Essay.

von Laura Biewald, Luisa Eisenack, Emily Folgmann, Nora Verfürth und Shannon Wallenborn

23. Oktober 2025

Kommunikation in Institutionen und Organisationen

Der Apfel als Zeichen für Wissen.

Der Apfel im religiösen Kontext

Der Mythos des Apfels hat im Christentum bereits am Anfang der Menschheitsgeschichte einen wichtigen und bedeutenden Auftritt. Indem Eva in die verbotene Frucht beißt, wird der Apfel, die Frucht der Erkenntnis, zu einem Symbol für Sünde, Versuchung und Moral. Das lateinische Wort für Apfel ist „malum“ (Wirth 1986), was übersetzt so viel heißt wie Leid, Krankheit und Verbrechen.

Auch in der griechischen Mythologie findet der Mythos des Apfels seinen Platz. Der goldene Apfel der Eris wird nicht nur als Zeichen für Schönheit ausgewählt – er steht ebenso für die Eifersucht der Eris, die nicht zu Peleus und Thetis Hochzeit eingeladen war (vgl. Fröhlich 2018). Bereits hier zeigt sich die Ambivalenz der mythischen Frucht.

Der Apfel als kulturelles Symbol

Der Apfel taucht in vielen Märchen auf, wie beispielsweise in Schneewittchen. Dabei werden die Äpfel meist vergiftet und dienen als List, um Charaktere von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Die Konnotate des Apfels sind hier also insbesondere List, Gift und Tod. Die meisten Märchenmotive entspringen aber nicht, wie früher vielfach angenommen, der Fantasie, sondern geben ältere Bräuche wieder. Ein Beispiel ist der Apfelwurf (vgl. Trumpf 1960), der auf Tahiti und Griechenland ein alter Brauch ist und die Liebe eines Paares und ihre Entscheidung füreinander symbolisiert (ebd.). Dazu gilt der Apfel auch als ein Zeichen der Wiedergeburt, was sich beispielsweise in dem Verzieren eines angerichteten Schweines mit einem Apfel im Maul zeigt.

Der moderne Apfel

Der Apfel scheint auch in der Gegenwart seine mythische Kraft nicht zu verlieren. In der ökonomisch geprägten Welt kommt zudem die mythische Bedeutung des Apfels für Innovation, Wissen und Fortschritt hinzu. Dies zeigt sich zum Beispiel in dem Logo des angebissenen Apfels des bereits oben genannten Unternehmens Apple.

Eine weitere Eigenschaft, die dem Apfel zugeschrieben wird, ist Gesundheit. „An apple a day keeps the doctor away“ heißt es oft, wenn es um Gesundheit und Wohlergehen geht. Ein weiteres Sprichwort ist: „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“. Hier wird vor allem der Bezug zu Familie und einer Art Erbschaft genommen. In beiden Fällen verweist der Apfel auf seine Natürlichkeit und überträgt diese auf den Gegenstand – der natürlich genährte, gesunde Körper und die Natürlichkeit der Abstammung. Auch Barthes führt aus, dass Lebensmittel als natürlich inszeniert werden, obwohl sie eigentlich kulturell konstituiert sind (vgl. Barthes 2006). So findet sich das Symbol des Apfels als Sinnbild für Gesundheit und Vitalität vor allem in der Werbung wieder.

Zudem steht der Apfel, gerade in Deutschland, für Regionalität, Authentizität und Frische. Das zeigt sich vor allem in Werbetexten. Dargestellt wird meist der „perfekte“ Apfel – tiefrot, glänzend und perfekt geformt, manchmal auch angebissen. Nicht nur der Bezug zur Natur wird dabei durch Text und Bild hervorgehoben, auch der historisch-kulturelle Kontext wird zum Teil mit einbezogen. Das Unternehmen Obsthof Puder nutzt beispielsweise die Referenz zu Adam und Eva, um die eigenen Äpfel als besonders gut darzustellen.

Werbeanzeige von Obsthof Puder mit religiösem Kontext.

Der Apfel ist also eine mythische Frucht, die sich vor allem durch ihre kulturelle Beständigkeit und Ambivalenz auszeichnet. In allen möglichen Bereichen des Lebens zeigt der Apfel immer wieder Präsenz und symbolisiert dabei nicht nur Sünde, List und Tod, sondern auch Gesundheit, Wiedergeburt und Wissen. Der Mythos wird nicht nur verbal durch Sprichwörter präsentiert, sondern auch durch kulturelle Bräuche und visuelle Elemente, denen eine mythische Bedeutung innewohnt. Es zeigt sich die tiefe Verwurzlung des Apfels in der Religion, Kultur, Kunst und Wissenschaft, die das Potential hat, tiefergehend erforscht und entmystifiziert zu werden.

 

Literaturverzeichnis:

Barthes, Roland (2006): Der Mythos heute. In: ders. (Hrsg.): Mythen des Alltags. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 250–316.

Wirth, Theo (1986): Catull C.2: „passer“ und „malum“ als Zeichen der Liebe. In: Rheinisches Museum für Philologie, Vol. 129 (1), S. 36–53.

Trumpf, Jürgen (1960): Kydonische Äpfel. In: Hermes, Vol. 88 (1), S. 14–22.

Fröhlich, Marta (2018): Mythos Apfel. Geschichten um die rote Frucht. https://www.bioland.de/bioland-blog/geschichten-rund-um-die-rote-frucht (Letzter Zugriff: 25.01.2025).

Bildquellen:

https://pixabay.com/photos/apple-books-still-life-fruit-food-256261/

https://speerkonzept.de/portfolio-item/obsthof-puder/ 

 

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